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Sarah




Ich will mich mit Sarah in einem urigen Kaffee treffen, an einem ihrer Lieblingsorte dieser Stadt. Müde mache ich mich auf den Weg. Vor der Tür wartet sie schon und begrüßt mich mit einem Lächeln und einer herzhaften Umarmung. Wir haben uns lange nicht gesehen. Als wir das Café betreten, fallen mir zuerst die vielen Bücher auf, dann der alte Möbelmix und die mal dezente, mal etwas lauter werdende Musik, die im Hintergrund der vielen Begegnungen läuft, die hier gerade stattfinden. Das Café ist gut gefüllt, doch wir finden einen gemütlichen Platz auf einem der Sofas. Der Soundtrack im Hintergrund wird etwas leiser, wir nehmen die bestellten Getränke entgegen und unser Gespräch beginnt sich zu formen.


Im Augenblick hat Sarah keinen normalen Alltag, zumindest würde sie ihn nicht als solchen bezeichnen. Sie hat heuer die Matura gemacht, jobbt bei einem Catering-Unternehmen und bereitet sich auf ein halbes Jahr im Ausland vor. Wenn sie Zeit findet, schreibt sie gerne, sagt Sarah und dann erwähnt auch sie, dass ihr die tägliche stille Zeit total wichtig ist.


Diese Zeit hilft ihr, für den Tag dankbarer zu sein. Sie versucht mit einer Danksagung zu beginnen, sagt sie, denn das ändert ihre Einstellung gegenüber dem restlichen Tag.

„Es ist ein Segen, dass ich aufstehen darf. In der Früh kann ich dann auch all meine Sorgen vor Gott hinlegen, mir durch die Bibel Ermutigung zusprechen lassen und Kraft schöpfen, mich daran erinnern wofür ich lebe. Das hilft vor allem, wenn ich dann in die Arbeit muss. Wenn ich weiß, wem ich gehöre, fällt es mir leichter mit den verschiedensten Leuten umzugehen, denen ich dann begegne. Wenn mir Negatives widerfährt, ist es einfacher, dieses Negative von der Person zu trennen, die Negatives tut. Ich kann für die Person beten und ihr trotzdem in Liebe begegnen. Ich bin dann nicht so schnell frustriert und habe mehr Geduld“, meint sie. „Es hat eine Auswirkung darauf, wie ich Leute sehe und behandle. Wenn ich weiß, ich gehöre Gott, ändert sich mein Fokus. Wenn ich mir bewusst werde, dass Gott mir seine Gnade immer wieder neu schenkt, dann ändert sich auch mein Tag.“


Sarah nippt an ihrem Chai Latte.

„Ich sehe Mission als meinen Alltag, sie ist mir ein großes Anliegen.“

Die Hintergrundmusik wird lauter, als würde sie die eben gesprochenen Worte unterstreichen wollen. „Es ist mir ein Anliegen, dass ich Leuten in der Liebe Gottes begegne, nicht so wie ich mich eben gerade fühle, sondern voller Liebe. Ich will ihnen ein bisschen von Gott mitgeben können. Das bedeutet nicht, dass ich auf der Straße irgendjemanden anspreche und sage ‚Hey, Gott liebt dich!’, da müsste Gott schon wirklich sehr deutlich mit mir sprechen, damit ich das machen würde. Nein, für mich heißt das, dass ich im Alltag Bewusstsein dafür schaffe, dass Gott mich immer verwenden kann. Es geht dabei darum, wie man mit Menschen umgeht und wie man die Möglichkeiten verwendet, die Gott einem schickt. Ich glaube nämlich daran, dass wir, wenn wir das Verlangen danach haben, Gott im Alltag weiterzugeben, von ihm auch die entsprechenden Möglichkeiten dazu erhalten.“


„Er wird uns nie dazu zwingen, von ihm zu reden, so ist er nicht. Gott ist ein Gentleman. Er schenkt dir diese Möglichkeiten dann, wenn du dazu bereit bist, ich spreche das im Gebet und in der stillen Zeit mit ihm aus, sage ihm, dass es mir am Herzen liegt, gebe ihm sozusagen ein Zeichen, den Daumen nach oben.“


„Was sind das denn für Möglichkeiten, von denen du sprichst?“ frage ich.


„Als Möglichkeit sehe ich es, wenn ich ins Gespräch kommen kann. Wenn Menschen beispielsweise fragen, was ich jetzt nach der Matura mache, dann antworte ich ihnen, dass ich mit einer christlichen Organisation ins Ausland gehen werde. Ich versuche dann nicht möglichst viel Info in einen Satz hineinzupacken, sondern ganz ehrlich und ohne herumzudrucksen zu antworten. Meistens entwickeln sich daraus dann sehr schöne Gespräche. In der Arbeit hat zum Beispiel vor kurzem dann jemand nach meiner Antwort gefragt, ob mir denn der Glaube wichtig ist und ob er fragen darf, woran ich glaube. Oder damals, als ich an der Schule war, ging es im Englischunterricht einmal um das Thema Identität und wir mussten drei Gegenstände mitnehmen, die zeigen, was uns ausmacht. Ich habe da neben meinen Kopfhörern und einem Bild auch meine Bibel mitgenommen. So etwas sehe ich als Möglichkeit von unserem Leben und unserem Glauben erzählen zu können, ehrlich und offen, ohne, dass es uns peinlich ist, wenn nachgefragt wird.“


„Aber oft sehe ich auch Möglichkeiten und traue mich dann nicht sie zu nützen, den Schritt zu machen Das heißt nicht, dass Gott dann aufhört, mich verwenden zu wollen. Es ist voll ok, er gibt mir die Freiheit, es liegt an mir, ob ich etwas daraus mache oder nicht. Ich möchte auch wenn es einmal schwerer ist, mit offenen Augen und der Bereitschaft leben, alles ergreifen zu wollen, was Gott mir schenkt. Denn wenn man Jesu Liebe spürt, dann wird es ein Anliegen, dass andere auch erleben dürfen, was man selbst erleben darf.“


„Ich habe für mich entdeckt, dass je mehr ich in Beziehung mit Jesus lebe, desto mehr wie er werden mag. Ich möchte ihn immer besser kennenlernen und so werden wie er, meine Mitmenschen so behandeln, wie er Menschen behandelt hat. Durch diese Beziehung entsteht auch das Verlangen zur Mission. Jesus ist auf die Welt gekommen, um durch seinen Tod seine Liebe zu uns zu zeigen. Ich glaube, wenn man sich dessen bewusst wird, was für einen Preis er für uns bezahlt hat, dann ist es nur zu natürlich, dass man das auch mit anderen teilen möchte, für sie erfahrbar machen möchte. Er hat das ja nicht nur für ein paar Christen gemacht, sondern für uns alle, für jeden Menschen.“


„Gott zeigt uns immer und immer wieder seine Liebe, er zeigt uns immer und immer wieder seine Gnade und spricht uns immer wieder neu zu, wer wir sind, er spricht uns Worte der Ermutigung zu und sagt uns, dass er uns liebt. Das macht ihn aus. Wenn man das erleben darf und merkt, dass diese Quelle nicht ausgeht, wenn man selbst so viel davon hat, dann möchte man das weitergeben, sodass andere Menschen das auch erfahren können.“


„Noch eine Möglichkeit, die Gott uns schenkt ist es, nach diesem Vorbild Gottes zu leben. Je mehr man das übt, desto natürlicher wird das und desto besser klappt das auch,“ sagt Sarah. „Ich möchte lernen so zu sehen, wie Gott sieht und nicht so egoistisch sein. Ich merke, dass ich da noch einiges ändern muss, aber ich glaube, wenn man sich das wünscht, ist man schon weit. Manche Menschen in meinem Umfeld sehen andere zuerst, nicht sich selbst, das will ich auch schaffen, Leuten immer vorurteilsfrei zu begegnen, sich immer aktiv für die Liebe zu entscheiden. Das braucht Übung und ich bin gerade dabei das zu lernen. So komme ich auch wieder zurück zur stillen Zeit, die mir in der Früh so wichtig ist. Es ändert die Einstellung, wenn man dafür betet, dass man Menschen in der Liebe Gottes begegnen möchte. Man geht dann anders in den Tag.“


Der Hintergrund wechselt erneut, nun begleitet uns jazzige Klaviermusik und wir plaudern weiter. Die Gedanken und unsere Worte springen hin und her, zur nahen Zukunft, zu Dingen, die uns beschäftigen und die wir in der Vergangenheit teilen durften. Gefühlte Stunden später mache ich mich auf den Weg nach Hause. In Gedanken versunken, verschwindet das Rauschen der Autos fast. Alles, was ich höre, ist das Knirschen des Kieswegs unter mir, auf meinem Weg zur Straßenbahn und eine Melodie aus Möglichkeiten, die nur darauf warten von mir ergriffen zu werden.




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